HERZENSSACHE AUF MALLORCA
Der Charme von Carrossa
Leise streicht der Wind über die Gräser. Wie sanfte Wellen wiegen sie sich hin und her. Mit beinahe unbeschwerter Leichtigkeit. Daneben – standfest – Jahrhunderte alte, knorrige Olivenbäume. Manche von ihnen strecken ihre Wurzeln schon seit 900 Jahren in diese Erde im Nordosten Mallorcas, eine der ursprünglichsten Ecken der Insel nahe Artà.
Faszinierend die Vorstellung, dass diese Ölbäume schon dort standen, als noch die Mauren das Eiland regierten. Dass sie dort waren, als König Jaume I. von Aragón im Jahr 1229 Mallorca zurückeroberte. Und dass sie Präsenz zeigten, als der Landsitz Carrossa von einer wohlhabenden mallorquinischen Adelsfamilie vor rund 400 Jahren errichtet wurde …
Wohnen, wo einst der Adel residierte
Es ist dieser Zauber der Geschichte, der über dem Gutshof auf einem Hügel des Llevant-Gebirges liegt. Einer, der heute nicht mehr der Noblesse vorbehalten ist, sondern Luxus-Reisende aus aller Welt empfängt. Denn heute gehört dieses Domizil der Kölner Unternehmerfamilie Hamacher. Im Sommer 2018 haben sie es als Fünf-Sterne-Hotel eröffnet. Ein Traum mit 350 Hektar Land drumherum. Herzstück des Hotelkomplexes ist das Herrenhaus, das – mit viel Gefühl renoviert – in seiner Struktur und mit vielen Details erhalten geblieben ist. Dazu gehören aber auch nagelneue Suiten und Villen, die in Teilen dort gebaut wurden, wo sich einst Ställe und Schauer befanden. So sind insgesamt 75 Zimmer, Suiten und Ferienhäuser entstanden.
Ein Stück Heimat auf Mallorca
“Manchmal ergeben sich Chancen, die kommen einfach nicht wieder!”, sagt Peter Hamacher. “Vor 26 Jahren konnte unsere Familie Carrossa erwerben”, so der 35-jährige Betriebswirtschaftler. Er kümmert sich als einer der Geschäftsführer um das Marketing und den Vertrieb. “Aber das hier ist noch viel mehr. Das hier ist eine Herzensangelegenheit, mein Bruder Alexander und ich, wir sind hier groß geworden.” Da schwingt viel Gefühl mit, Verbundenheit, ein Stück Heimat. Denn Alexander ist ebenfalls im Betrieb tätig – als Herr der Finanzen. Und so wurde aus Carrossa, das als Feriendomizil der Hamachers und auch als kleines Seminarhotel mit 20 Zimmern genutzt worden war, nach einem großen Umbau eine Luxusunterkunft.
Hideaway der Extraklasse
Zum Glück, denn der Gutshof liegt so herrlich abgelegen, dass es für Urlauber ein Hideaway der Extraklasse ist. Stress, was war das nochmal? Allein das Schild am mächtigen Einfahrtstor deutet schon auf die Dimensionen und die Weitläufigkeit von Carrossa Hotel, Spa & Villas hin: Von der kleinen Landstraße bis zur Rezeption sind es geschlagene 1.000 Meter. Schwarz auf Holz steht es da. Ein schmaler Weg schlängelt sich hinauf ins Paradies.
Ursprüngliches Mallorca
Was man oben antrifft, ist ein Stück authentisches Mallorca. Genau das ist auch in jedem Zimmern zu spüren. Klar, da sind stylisches Mobiliar und zeitgenössische Gemälde. Und da sind die Holzbalken an den Decken und die Natursteinwände. Die Antiquitäten im Haupthaus. Die metallbeschlagenen Holztüren. Das Adelswappen der einstigen Besitzer an der Außenwand. Die alte Sonnenuhr, die mit ihrem schwarzen Zeiger die Stunden zählt. Die kleine Kapelle mit Heiligenstatue und Sitzbänken. Der Patio mit dem Brunnen. Die Bodega mit ihren gewölbten Decken und den bauchigen Riesenholzfässern, die schon so manches Jahrzehnt auf dem Buckel haben. Kurzum: Tradition trifft hier auf Moderne auf die ganz besondere Art.
Wogende Gräser
Wer mag, kann auf Carrossa tagelang abtauchen. Es ist für alles gesorgt. Zwei Restaurants gehören zum Hotel: das Fine-Dining Restaurant ,Carrossa’ und das etwas legerere ,Bistro Badía’. Beide befinden sich im Haupthaus und bieten von ihren Terrassen beste Aussichten. Während man vom ,Carrossa’-Restaurant die Augen über den zauberhaft angelegten Garten des Hannoveraner Landschaftsarchitekten Frank Diederich schweifen lässt (die wogenden Gräser!), schaut man von der höher gelegenen Terrasse des ,Badía’ über die Landschaft hinweg bis zum Meer. Nomen ist Omen: Badía ist das katalanische Wort für “Bucht”.
Escabeche mit Frisée-Salat
Beide Restaurants stehen selbstverständlich Nicht-Hotelgästen offen. Im ,Carrossa’ zum Beispiel verwöhnt am Abend Küchenchef Ramon García mit seiner mediterran-internationalen Küche. Seit 15 Jahren steht der gebürtige Andalusier auf Mallorca am Herd, zuletzt im Hyatt Hotel. Der 32-Jährige tischt dann ein Vier-Gang-Degustationsmenü für 49 Euro auf. Doch bevor es richtig losgeht, sendet er mit einer Kokos-Vichyssoise samt Passionsfrucht einen Gruß aus der Küche – mit knackigem Lauch und der dezenten Säurenote der Maracuja. Um dann als Vorspeise Hering eine traditionelle Escabeche folgen zu lassen, diesem typisch-spanischen Gericht, für das er grüne Bohnen, Zwiebeln, rote Paprika, Orangen und Zitronen in einen Öl-Essig-Sud eingelegt und das Ganze mit Frisée-Salat dekoriert hat.
Quitten-Gelee zum Steak
Als Hauptgang wartet er mit einem Steak samt köstlichem Sößchen auf. Der französische Klassiker Demi-glace wird von vielen als Königin der Saucen bezeichnet. Und auch Ramon García ist sie perfekt gelungen. Sie begleitet aufs Schönste das Fleisch, auf den Punkt gegart. Purer Genuss, der auf der Zunge zergeht, in bester Gesellschaft mit Spinat und grünem Spargel. Raffinierte Ergänzung: ein Quitten-Gelee für den Hauch von Frucht.
Der Abend, so lauschig …
Die Nacht ist lauschig, im Glas funkelt ein mallorquinischer Roter: ein Tinto aus der Bodega Àngel in Santa Maria. Zwar besteht sein Innenleben nicht aus autochthonen Rebsorten wie Mantenegro oder Callet. Aber der 100-prozentige Cabernet Sauvignon – unter mediterraner Sonne greift – schmeckt auch sehr fein. Ohnehin ist die Weinkarte mit ihren 150 Referenzen gut bestückt.
Als Nachtisch schließlich kommt eine Eisvariation auf das weiße Tuch. Vanille und Schoko sind lecker. Doch das Außergewöhnliche an dem Trio ist ein Kräutereis, das mit Honig und Krokant zusätzlichen Pep bekommt. García hat es selbst gemacht. Wie so vieles. “Auch Farbstoffe, Fertigbrühen und -Fonds oder ähnliches kommen bei mir nicht auf die Teller”, sagt er.
Champagner, Cocktail, Capdepera
Wer zum Ausklang des Dinners noch Lust auf einen Cocktail oder ein Glas Champagner hat, schlendert hinüber in die Bar “Oro” mit den goldenen Hingucker-Wänden. Zu spät allerdings sollte es nicht werden. Denn man nächsten Morgen warten ein wunderbares Frühstück und spannende Erkundungstouren. Vielleicht springt man an der Cala Torta oder der Cala Mesquida in die Fluten? Oder stattet dem nahegelegenen Hafenort Colònia de Sant Pere einen Besuch ab? Golfbegeisterte finden mit Pula Golf, Canyamel, Son Servera und Capdepera gleich vier 18-Lochplätze in der Umgebung. Und auch Alcanada Golf, der Platz mit dem schönsten Mallorca-Meerblick, ist in zirka 50 Minuten erreicht. Das Hotel bietet Arrangements mit Greenfee-Nachlässen.
Willkommen an Bord heißt es dagegen für alle, die das Maritime lieben. Mit professionellem Skipper gleitet dann die hoteleigene, mit Solarzellen bestückte Motoryacht “Greenline NEO Hard Top” durch die tiefblauen Fluten des Mittelmeeres – und zu den schönsten Stränden.
Fernab vom Lärm der Zeit
Wer einfach nur im Hotel relaxen möchte, lässt sich im 1.500 Quadratmeter großen Spa-Bereich von Kopf bis Fuß verwöhnen, schwimmt ein paar Bahnen im Infinity-Pool mit Blick auf Himmel und Berge, räkelt sich genüsslich auf einem der balinesischen Betten. Und genießt die himmlische Ruhe. Fernab vom Lärm der Zeit. Um später am Abend entspannt in die Kissen zu sinken. Die Grillen zirpen ein Lied dazu.
Weitere Infos:
Carrossa Hotel . Spa . Villas,
Tel.: +34 971-83 56 47
, www.carrossa.com
Das Hotel ist noch bis 21.2.2020 geschlossen. Das Unternehmen führt in Österreich zwei weitere Hotels: das Dolomitengolf Hotel & Spa und das Defereggental Hotel & Resort, beide in Tirol.
Fotos: Kirsten Lehmkuhl, Hamacher Hotels & Resorts